Digitale Kirche: Gemeinden öffnen sich für soziale Medien

Havelländer Kirchengemeinden nutzen verstärkt Medien wie Internet, Youtube und Instagram, um das Verbot der Gottesdienste auszugleichen. Gerade vor Ostern wird das heftig diskutiert.

 

Falkensee

Die Kirche von Finkenkrug ist jetzt auch auf Instagram zu finden. „Die Zeiten von Corona und die damit verbundene Kontaktarmut haben uns dazu gebracht, nun einen weiteren Kanal zu öffnen“, schreibt die evangelische Kirchengemeinde. Auf ihrer Internetseite sind zudem Kurzandachten von Pfarrerin Anneliese Hergenröther mit Musik aus Finkenkruger Häusern und an den Feiertagen von Kantor Stephan Hebold zu hören.

Corona und Ostern

Corona verändert auch die Kirchen. Gerade vor Ostern, dem höchsten kirchlichen Feiertag, fällt die staatlich verordnete Kontaktarmut schwer.

Schwerer Verzicht

„Aus Rücksicht verzichten wir in der nächsten Zeit auf soziale Kontakte. Veranstaltungen und Kreise werden verschoben oder abgesagt und Gottesdienste nicht in der üblichen Form gefeiert“, erklärt Thomas Tutzschke, Superintendent des Kirchenkreises Nauen-Rathenow. Es ist ein schwerer Verzicht. Die Situation soll aber nicht bedeuten, dass die Menschen auf Zuspruch, Trost und Segen verzichten müssen.

„Nehmen Sie teil, an den Gottesdiensten und Andachten, die in den öffentlichen Medien angeboten und übertragen werden. Lassen Sie sich einladen und nehmen Sie sich Zeit für das gemeinsame Gebet, wenn in Ihren Gemeinden oder dort, wo Sie sich gerade aufhalten, die Glocken läuten“, rät der Superintendent.

Neue Medien nutzen

Ähnlich sieht es auch Bernhard Schmidt, Vorsitzender der kollegialen Leitung des Kirchenkreises Falkensee. Auch er rät dazu, die neuen Medien auszuprobieren und zu nutzen. Er weiß aber auch, dass sich viele, gerade der älteren Kirchenmitglieder damit schwertun.

 

Bereitet sich auf Mundschutz-Zeiten vor: Bernhard Schmidt Quelle: Marlies Schnaibel

 

In diesen Tagen wird er oft gefragt, ob die Kirche die hohen kirchlichen Feiertage Karfreitag und Ostern zu leichtfertig und staatstreu abgesagt hätte. Er selbst stellt sich diese Frage auch und gesteht: „Und ganz ehrlich, mir imponiert die katholische Gemeinde in Berlin, die jetzt gegen die staatliche Anordnung Klage eingereicht hat.“

Sorge um die Seelsorge

Auch andere Pfarrer kritisieren die Anordnungen. Wie die Seegefelder Pfarrerin Gisela Dittmer: „Die Kirche muss ihrem seelsorgerischen Auftrag nachkommen können.“ Bernhard Schmidt fordert, dass es „in begründeten Einzelfällen, zum Beispiel bei Sterbenden auch jetzt Abendmahlsfeiern geben kann und muss“.

Predigt im Internet

Trotz der schwierigen Diskussion über das Verbot von gewohnten Gottesdiensten zu Ostern, plädiert er dafür, die neuen Medien einzusetzen. Viele Kirchengemeinden machen das bereits. Nicht nur die Finkenkruger. So haben die Gemeinden von Brieselang und von Heilig Geist Falkensee Gottesdienste und auch Posaunenmusik auf Youtube gestellt.

Da kann man sehen, dass 222 Leute sich den Brieselanger Gottesdienst aufgerufen haben, wahrscheinlich mehr, als sonntags in die Kirche kommen. Auch weiter westlich im Havelland wird auf Youtube gesetzt: Die Kirchengemeinden Havelluch, Premnitz und Milow sind dabei.

Die Macht des Wortes

In Schönwalde-Glien hat der Pfarrer sich in persönlichen Schreiben an die Mitglieder der Kirchengemeinde gewandt. Ob per Youtube, Internetseite oder Papierbrief – das sind Wortgottesdienste, ohne Abendmahl. „Aber solche Wortgottesdienste sind nach evangelischem Verständnis vollwertiger Gottesdienst“, sagt Bernhard Schmidt.

Offen zu stillem Gebet

Er möchte die Menschen ermuntern, die digitalen Angebote zu nutzen. Aber er freut sich auch, dass viele Kirchen in diesen Tagen trotzdem geöffnet sind, dass sie zum stillen Gebet einladen, dass ein Ansprechpartner anzutreffen ist. Auch die Glockenwelle sendet in diesen Zeiten ein Zeichen.

Läuten gegen die Angst

„Es ist ein Läuten gegen die Angst“, sagt Bernhard Schmidt. Brieselang, Zeestow und Bredow läuten nacheinander, auch in den Pfarrsprengeln Dallgow und Wustermark wird geläutet.

In der Autobahnkirche Zeestow wird eine Osterfeier aufgezeichnet und Ostersonntag auf den Internetseiten von Kirchenkreis und Kirchengemeinden zu sehen sein. Der Verheißungsgedanke von Jesus’ Auferstehung kann so vermittelt werden. Aber das Gemeinschaftserlebnis wird trotzdem fehlen.

Von Marlies Schnaibel